Porsche Bücher. Große, dicke, dünne, bunte, autobiografische, philosphische, technische. Mit der Explosion des Oldtimer-Marktes haben die Verlage fast monatlich Neues zum Thema klassische Porsche auf den Markt geworfen. Wenn man einen kritischen Blick auf die Ergebnisse wirft, stellt man fest, dass viele dieser Neuerscheinungen kaum wirklich Neues bringen. Und schon gar nichts Unterhaltendes.
„Kinderzimmerhelden“ ist ein Porschebuch, das eine solche Marktlücke besetzt: Porsche Spielzeugautos mit umfangreicher Kinderzimmerpatina. Wenig Text, viel Foto. Liebevoll arrangierte Miniporsches von Matchbox, Corgi und Co.
Autor Christian Blanck schafft es nach dem Prinzip „ein Spielzeug-Porsche, eine Doppelseite“ mehr als 300 Seiten zu füllen.
Die zerfetzte Spielstrumpfhose
Was ich dem Buch zugute halten muss: „Kinderzimmerhelden“ versetzt mich als Vertreter der Generation Golf zurück in das heimische Spielzimmer der sechziger und siebziger Jahre.
Meine „Heiße Räder“ Autorennbahn mit den orangefarbenen Schienen. Das Shell Parkhaus mit der rasanten Abfahrtsrampe. Oder einfach nur die Teppichbodenrennen, die ich mit meinem Bruder ausfocht. Die Rennstrecke haben wir mit weißer Kreide auf den Teppich gemalt und ein paar fette Bauklötze als Tribünen oder Schanzen aufgestellt. Zwei lebendige Wasserschildkröten kamen als Zuschauer in die Mitte und ab ging die Post. Ich war schon damals super im Motorengeräusche imitieren. Dafür hatte mein Bruder den aggressiveren Fahrstil.
Beendet war das Rennen, wenn die Spielstrumpfhose in Fetzen um die rotgescheuerten Knie schlotterte. Matchbox war die Marke unserer Wahl und später „Darda“. Das waren die kleinen Beachbuggys zum Aufziehen. Was haben wir mit diesen Autos gespielt, wenn nicht gerade Sendung mit der Maus lief oder der Fischertechnik-Kasten spannender war.
Keine Geschichte, keine Helden
Und da komme ich auch schon zum Defizit des Buches. Helden zu fotografieren ist eine Sache. Doch ein Held wird erst dann heroisch, wenn die Story dahinter stimmt.
Man denke nur an Siegfried, den Drachen, das Eichenblatt und den fiesen Hagen. Ohne die Geschichten drumrum wären die Nibelungen maximal ein Haufen übelriechender Raufbolde gewesen. Will heißen: Kinderzimmerhelden brauchen Kinderzimmerheldengeschichten. Und davon gibt es mir (mit Verlaub) zu wenige im Buch.
Das fällt besonders deswegen auf, weil auf einigen wenigen Seiten im Buch solche Geschichten auftauchen. Da geht es um geheime Autoverstecke, Autorennen auf dem Dualplattenspieler oder wie ein Porsche 928 im Schwimmbad gefunden wird.
Die vierrädrigen Helden erwachen in diesen Geschichten zum Leben und bekommen das, was wir heute auch bei den „großen“ Autos gern mitbezahlen. Eine einzigartige Geschichte. Mehr davon hätten das Buch zu einem unterhaltsamen Bilderbuch über Kinder, ihre geheimen Spiele, ihr Spielzeug und die Fantasie machen können.
Teil der Maschine-Bewertung
Eignet sich für: Die Fünfzigjährigen der Generation Golf und ihre Kinder. Für den Kaffeetisch, wenn solche Leute zu Besuch kommen. Tipp: Die Pocket Ausgabe ist 20 EUR günstiger und wahrscheinlich handlicher, als die Luxusversion, die mir zur Verfügung stand.
- Autor: Christian Blanck in Zusammenarbeit mit dem Porsche Museum Stuttgart, Texte Christian Blanck und Jens Torner
- Gebundene Ausgabe: 320 Seiten, 250 farbige Fotografien, Festeinband mit bedrucktem Buchschnitt (auch Pocket Ausgabe)
- Verlag: Edition Panorama
- Sprache: Deutsch
- ISBN 978-3-89823-546-4 bzw 978-3-89823-547-1 (Pocket Ausgabe)
- Größe: 31 x 25 cm, 17 x 12 cm (Pocket Ausgabe)
- Gewicht: –
- Preis: 39.90 EUR, 19.95 EUR (Pocket Ausgabe)
Hinweis: Dieses Buch wurde mir nicht vom Verlag gestellt. Die Frau hat es mir geschenkt. Sie ist super.
Danke für Ihre sehr zutreffende Rezension – wirklich in Bann zieht einen dieses aseptisch wirkende Bilderbuch nicht.