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Porsche Arova 212 Skibob 1970 (Teil 2) – Technik und Modelle

Written by hansbahnhof

Der Skibob, der sein eigener Transportkoffer ist

Das Revolutionäre am Porsche Arova 212 Skibob ist die – im Unterschied zu anderen Skibobs – geniale Konstruktion. Und das ist keinesfalls ironisch gemeint. Während die Wettbewerber-Skibobs 1970 noch aussahen wie ärztlich verordnete Ergometer auf Kufen, bot Porsche/Arova Form UND Funktion.

Herausragend sind – ganz Motorsport – die mit Stoßdämpfern ausgestatteten Kufen. Huckelpisten verlieren dadurch – theoretisch – jeden Schrecken. Und Fahrers Allerwertester wird geschont. Der GFK*-Körper mit Sitz dient gleichzeitig als Transportkoffer für sämtliche Anbauteile.

Trageriemen. Damit ist der Transport ein Kinderspiel. Relativ.

Trageriemen. Damit ist der Transport ein Kinderspiel. Relativ.

Vordere Kufe und Lenker werden unter dem Sitz verstaut. Die hintere Kufe wird trickreich eingeklappt. Das daraus entstandene Paket lässt sich problemlos in einem Porsche unterbringen oder am zentralen (Kunst-) Lederriemen von der Piste in die Einkehrschwung-Kneipe tragen. Genial – und angeblich sogar für zwei Personen vorgesehen.

Stoßdämper hinten. Massiv wie bei einem Mofa.

Stoßdämper hinten. Massiv wie bei einem Mofa.

Sehr selten, da meist abgefallen: Der originale Herstelleraufkleber an einem Stoßdämpfer.

Sehr selten, da meist abgefallen: Der originale Herstelleraufkleber an einem Stoßdämpfer.

Unterschiedlich! Der blaue Porsche Arova 212 Skibob – und der blutorangene…

Auch wenn der rote – bzw. „blutorange“ und der blaue Arova auf den ersten Blick keine Unterschiede aufweisen, gibt es so einige. Versuch einer Bestandsaufnahme:

1. Produktionszahlen

Insgesamt soll es „ca. 400“ Arovas gegeben haben. Diese Zahl kursiert in den Untiefen des Internets. Belegen lässt sich das aus meiner Sicht nicht. Ob der rote Skibob seltener ist, als der blaue, kann ich ebenfalls nicht belegen. Das Angebot an blauen Bobs ist aber gefühlt (deutlich) größer.

Auch auf Auktionen scheinen die roten begehrter und werden teurer ersteigert. Insgesamt kann man jedoch davon ausgehen, dass die Arovas schon aufgrund ihrer kurzen Produktionszeit recht selten sind. Ob es 400, 600 oder 1000 gab, kann ich nicht sagen. Deutlich mehr hat Porsche zum – für damalige Verhältnisse exorbitanten – Verkaufspreis sicherlich nicht losschlagen können. Hierzu mehr in Teil 1 dieser kleinen Skibob-Serie.

2. Die Skier: silber/schwarz oder ganz schwarz

Der markanteste Unterschied zwischen blauem und blutorangenem Skibob ist die Farbe der Ski. Der blaue Bob hat – ganz Siebziger – vollständig schwarze Ski vorn und hinten. Auch die „Bigfoots“ für die Füße sind schwarz.

Der rote Skibob hat dagegen zweifarbige Ski in silber/schwarz, die vom Design eher an die sechziger Jahre erinnern. Der schwarze Streifen ist aus einer Kunstofffolie und lediglich auf den silbernen Ski aufgeklebt. Angesichts des damaligen Preises eine verwunderliche Maßnahme mit absehbarem Verfallsdatum.

Der Streifen löst sich bei häufiger gefahrenen Skibobs schnell ab. Zudem leiden die silbernen Ski an Korrosion (?) der oberen Außenkanten. Feuchtigkeit scheint die obere Schicht zu unterwandern und führt zu unschönen Ausblühungen – ähnlich wie bei lackierten Aluminiumfelgen. Mir scheint das schwer reparabel – aber ich bin kein Experte.

Korrosion? Der rote Skibob leidet unter einer Art Korrosion an den Rändern. Sieht aus, wie bei Alufelgen. Hier auch sichtbar: Der sich ablösende schwarze Streifen des Skis (ganz hinten)

Korrosion? Der rote Skibob leidet unter einer Art Korrosion an den Rändern der Ski. Sieht aus, wie bei Alufelgen. Hier auch sichtbar: Der sich ablösende schwarze Streifen des Skis (ganz hinten)

Ein weiterer Unterschied ist die Dicke der Skier. Die schwarzen Ski des blauen Bobs sind im vorderen Bereich deutlich voluminöser als die des roten Bobs. Ein Grund dafür lässt sich nicht erkennen.

Unterschiedlich dick. Ein ganz offensichtlicher Unterschied ist nicht nur die farbliche Gestaltung. Der rote Skibob hat einen eleganten "dünnen" vorderen Ski, während die Schaufel des blauen Skibobs fast schon klobig wirkt.

Unterschiedlich dick. Ein ganz offensichtlicher Unterschied ist nicht nur die farbliche Gestaltung. Der rote Skibob hat einen eleganten „dünnen“ vorderen Ski, während die Schaufel des blauen Skibobs fast schon klobig wirkt.

3. Lenkersicherung

Die zentrale schwarze Schraube, die den Skibob-Lenker fixiert, hat bei einigen Skibobs eine recht unstylische Sicherung, die fast wie eine Handbremse aussieht. Die Sicherung soll verhindern, dass man die Lenkerschraube im Eifer des Skipisten-Gefechts verliert und den Lenker dann plötzlich solo in der Hand hält.

Die Sicherung ist so wenig in das Gesamtkonzept integriert, dass man den Eindruck bekommt, dass sie während der Produktion nachträglich hektisch hinzukonstruiert wurde. Man findet sie an roten und an blauen Skibobs.

Gut sichtbar. Der schwarze Lenker des blauen Skibobs hat eine unschöne Lenkerschraubensicherung. Das hat sich nicht der ausgedacht, der das schöne Design konzipiert hat.

Gut sichtbar. Der schwarze Lenker des blauen Skibobs hat eine unschöne Lenkerschraubensicherung. Das hat sich nicht der ausgedacht, der das schöne Design konzipiert hat.

4. Lenkerfarbe: schwarz oder silber

Die Lenker der roten Skibobs scheinen in der Regel silbern (alufarben) gewesen zu sein, während der blaue Bob meist über einen schwarzen Lenker im Seventies Rallye Style verfügte. Es gibt im Internet jedoch auch Fotos mit blauen Bobs, die silberne Lenker haben. Hier werden in der Produktion ggf. Restbestände aufgebraucht worden sein.

5. Aufkleber für die USA

Vermutung: Bobs, die in den USA ausgeliefert wurden, hatten am hinteren Ende des Sitzes (Aluminiumteil) einen Aufkleber „Made in Germany“. Der Aufkleber ist u.a. auf diesen Fotos zu sehen: http://renn-spot.blogspot.de/2013/08/porsche-arova-ski-bob-212.html.

Fahrgestellnummern / Produktionsnummern

Die Bobs haben Herstellungsnummern, die sich als vertiefte Prägung im hinteren Bereich im Hohlraum unter der Sitzbank befinden. Außerdem ist etwa 15 cm von der eingeprägten Nummer entfernt eine weitere Nummer auf einem Aufkleber zu finden, der sich sehr leicht ablöst, aber angesichts seiner geschützten Position relativ häufig erhalten ist.

Nomenklatur der Prägung

  • Blaue Bobs und rote rote Bobs: 0 0000
    (also „0“ plus eine vierstellige Herstellungsnummer – z.B. „0 0543“
  • Vermutung: Es könnte sein, dass rote Bobs immer eine Nummer hatten, die mit einer „2“ beginnt – ich freue mich auf Hinweise von Eigentümern!
Herstellungsnummer eines blauen Bobs. Die eingeprägten Nummern beginnen immer mit einer "0".

Herstellungsnummer eines blauen Bobs. Die eingeprägten Nummern beginnen immer mit einer „0“.

Nomenklatur der Aufklebernummer

  • Rote Bobs: Die Nummer entspricht der eingeprägten Nummer
  • Blaue Bobs: Die Aufklebernummer beginnt bei blauen Bobs mit einer „9“ statt einer „0“. Die letzten vier Ziffern der Aufklebernummer entsprechen denen der eingeprägten Nummer.
Originale Aufklebernummer des selben Skibobs. Hier gut sichtbar: Auf dem Aufkleber des blauen wird aus der vorangestellten "0" der Prägung eine "9"

Originale Aufklebernummer des selben Skibobs. Hier gut sichtbar: Auf dem Aufkleber des blauen wird aus der vorangestellten „0“ der Prägung eine „9“

Mehr Arova demnächst

In Teil 3 der Arova Skibob-Serie gibt es in Kürze eine Einschätzung der Marktsituation und in Teil 4 das versprochene groovy Porsche Arova 212 Unboxing-Video!

*GFK – die Frau sagt, dass ja keine S… weiß, was das ist. Hier die Auflösung: „GlasFaserverstärkter Kunstoff“

 

 

About the author

hansbahnhof

Unheilbarer Petrolhead seit 1966. Hat begonnen mit Vespa-Motorrollern und dann irgendwann mit Porsche weitergemacht.

3 Comments

  • Interessante Geschichte und wie gewohnt toll recherchiert !
    Ich bin sehr gespannt, wie es mit dem Porsche-Design-Bob weitergeht.
    Viele Grüße aus Seeshaupt,
    Tobias
    P.S.: Über das Photo, auf dem Du als Bayer verkleidet zu sehen bist, habe ich sehr gelacht, aber ich glaube, das war damals einfach schick. Meinen Zwillingsbruder und mich findet man auf Photos aus dieser Zeit auch in diesem Look, und das, obwohl wir im schwäbischen Nürtingen groß geworden sind…

    • Danke! Auch für den seelischen Beistand was die Lederhose angeht. Das muss wirklich „in“ gewesen sein – komische Zeiten! Grüße aus Essen!

  • Von wegen in – das war nur praktisch, weil nahezu unkaputtbar !
    Mein kleiner Bruder hatte auch so ein Teil, das erst nach dem Kontakt mit Teer ( beim Straßenbau vor der Haustür und für kleine Entdecker ungeheuer anziehend ! ) nach erfolglosen Entfernungsversuchen mit Butter ( keine Ahnung warum ) ausgemustert wurde. Die Dinger wurden im Familienverband sogar an die nächst kleinere Konfektionsgröße vererbt !

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