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„Porsche Classics at the Castle“ ist mit Abstand unser Lieblings-Porschetreffen. Der Wermutstropfen bei der Sache: Das Treffen ist in England und man muss da erstmal hinfahren. Wenn ich genau drüber nachdenke ist das aber schon das erste Positive an der ganzen Sache. Denn so eine Hinfahrt im Porsche Oldtimer entschleunigt in der Regel. Das Minutenprotokoll.
Zurück aus Berlin. Nach 7 Stunden Klima im Dienst-Audi und 8 Stunden Klima im Dienst-Test-Tesla von PS.Welt fühle ich mich etwas ausgelutscht. Egal, morgen geht es mit dem 65er Porsche in die Werkstatt. Letzte Vorbereitungen für Porsche Classics at the Castle in Hedingham!
02.09.2015, 9.00 Uhr
Ich sage den Werkstatt-Termin ab. Per SMS. Ich kann nämlich nicht sprechen. Ich kann nicht gehen. Ich kann nicht mal Werkstattermine absagen. Die Frau füttert mich mit Brombeeren, Wick Medinight, Hustendrops, Thymian-Tee und anderem Zeugs. Ich kann mich nicht wehren. Wenn ich nicht huste, schlafe ich. Und wenn ich nicht schlafe – Ihr wisst schon. Wo wollten wir Freitag noch gleich hin?
03.09.2015, 9.00 Uhr
Mir geht es blendend, obwohl mein Magen noch die Brombeeren und das Medinight-Zeugs verarbeitet. Die Frau ist eben die Beste. Ab in die Werkstatt. Letzte Arbeiten. Zur Sicherheit mit einem dicken Schal um.
08.09.2015, 10.30 Uhr
Die Werkstatt und ich verteilen die Aufgaben. Ich kümmere mich um Haubendämpfer vorn und hinten. Mir fallen nämlich dauernd Hauben auf den Kopf, wenn ich im Kofferraum oder dem Motor wühle. Ein klassisches Porsche F-Modell Problem. Die Werkstatt kümmert sich um Ölwechsel, neuen Purolator Ölfilter und anderen Kleinkram. Dann mal los.

Porsche Classic hat den „Purolator“ Ölfilter für klassische Porsche wieder aufgelegt. Sieht gut aus.
08.09.2015, 12.00 Uhr
Eine der ausgebauten NGK-Kerzen sieht komisch aus. Ganz schwarz und verkrustet. Die anderen sind befehlsgemäß rehbraun. Die Zündkabel müssten mal ersetzt werden. Aber nicht vor Classics at the Castle. Der Motor hat zu wenig Öl. Das überrascht mich. Keine Ahnung wo das alles hin ist. Wir sind wohl doch zu viel gefahren mit dem 65er… Jetzt kriegt er wieder 9 Liter gutes 15W40 aus dem Baumarkt. Was man so in einen Hochpreisklassiker füllt. Ich nutze jede Möglichkeit, günstiger mit dem Zuffenhausener unterwegs zu sein.
08.09.2015, 16.00 Uhr
Ich verlasse die Werkstatt Richtung Heimathafen und stehe zwei Stunden im Stau. Die Sonne scheint. Der Sechszylinder brummt. Wen interessiert ein Stau!? Ich grinse die Staukollegen an, die miesepetrig an mir vorbeiziehen. Ihr müsst morgen arbeiten! Ich habe Urlaub. Und einen Sonnenbrand auf dem linken Unterarm.
09.09.2015, 7.00 Uhr
Aufstehen. Frühstückstisch decken. Caffè machen. Caffè trinken. Dann endlich aufwachen. Die Hardware muss noch zusammengesammelt werden. Mit dem Video- und Audiokram, den ich für TDM zusammengekauft habe, könnte ich eine kleine Fernsehstation aufmachen. Und dabei wollte ich doch nur ein Autoblog über Oldtimer-Porsche schreiben.
Wir wuchten den großen Rimowa in den Kofferraum und stopfen die übrigen Lücken mit Schuhen, Hemden und anderem Kleinkram aus. Audio- und Video-Equipment kommen auf den Rücksitz. Der Elfer liegt jetzt schön tief. Reiseflughöhe. Beim Porschepacken macht uns so schnell keiner was vor!
09.09.2015, 9.00 Uhr
Die Sonne scheint. Jetzt Abflug. Der Motor nuckelt an sechs nagelneuen Kerzen. Die Frau hat das Roadbook auf dem Schoß und gibt erste Richtungsanweisungen. Urlaub, wie wir ihn lieben. Vier Tage. 1000 km im 65er Porsche 911. Woanders stehen die Dinger in Museen. Nicht bei uns.
09.09.2015, 9.45 Uhr
Letzter Tankstopp. In Holland ist es teurer und das muss ja nicht sein. Und die Frau will ein Snickers.

1965er Porsche 911 von TDM beim letzten Tankstopp vor England. Alles im grünen Bereich – plus Sonne!
09.09.2015, 10.00 Uhr
Willkommen in Holland. Ein roter Suzuki Swift zieht an uns vorbei. Der holländische Fahrer reckt den „Tolle Karre“ Daumen in die Luft und grinst breit, bevor er wieder Gas gibt. Er ist einer von zig Landsleuten, die das auf den nächsten Kilometern machen werden. Die Holländer sind einfach echte Motorköpfe – sehr sympathisch.
Das heißt übrigens nicht, dass sie überholen können. Beim Einscheren vor langsameren Autos nach einem Überholmanöver genügt unseren niederländischen Freunden ein Sicherheitsabstand von 5 Edamerkäse-Rädern (ca. 5 Meter). Das kann schon mal zu Herzstilstand führen, wenn man einen leicht überladenen 1965er Porsche 911 ohne Keramikbremsen steuert.
09.09.2015, 11.00 Uhr
Es schüttet plötzlich aus Eimern. Ich habe ein schlechtes Gewissen. Denn es gibt noch einige Baustellen am 65er, die kein Wasser vertragen. Kann man nichts machen – außer noch mal halten.
„Hey!!“. Ein freundlich grinsender Holländer stoppt mich an der Raststätte. „Nice car! I have a 1965 Porsche 912“. Ahja. „And a 1970 Targa!“. Der Oldtimerfreund aus Amsterdam zückt sein iPhone und sucht das Fotoalbum. Da isses schon. „And a 1953 Käfer“. Schön. „And a Karmann Ghia Cabriolet“. Da ist aber jemand kaum zu bremsen: „I like old cars!“ Davon gehe ich aus ;-).
09.09.2015, 12.30 Uhr, Hoek van Holland
Wir erreichen die Fähre. Es ist noch Zeit für einen Snack oder wie die Frau es ausdrückt. „Ich brauche jetzt Patat Special“ (Pommes mit Zwiebeln, Ketchup und Mayo). Ich entscheide mich für Kibbeling (Fischreste in Teig, frittiert). Keine gute Entscheidung, wie sich herausstellt. Fisch, ein Holländer und eine Friteuse ergeben nicht immer automatisch etwas Essbares. Was solls.
Vor der Snackbude sammelt sich derweil der Porsche 356 Club Holland. Zwanzig bis dreißig wunderschön restaurierte Knubbelporsches, darunter Seltenes, wie ein echter schwarzer 356 Speedster, ergießen sich auf den Parkplatz wie bunte Smarties. Die Holländer wollen ebenfalls zu Porsche Classics at the Castle.
Dann treffen wir Conny und Manfred, mit denen wir uns verbredet haben. Manfreds 2.2 S Coupé ist eine Augen- und Ohrenweide in hellelfenbein. Die holländischen 356er und wir werden in einer Gruppe zusammengefasst und als Letzte auf die Fähre gelassen. Als wir die Vier- und Sechszylinder starten, zückt selbst die mit allen Wassern gewaschene Schiffscrew die Handys und filmt, wie wir den Schiffsbauch entern. Episch.
09.09.2015, 12.30 Uhr, Auf der Fähre
Fähren zwischen Holland und England sind immer spannend. Das liegt weniger am tollen Fähren-Feng-Shui oder dem maritimen Flair, das man besser nicht erwarten sollte. Nein, wir lieben den illustren Querschnitt durch die europäische Gesellschaft. Betrunkene irische Trucker. Mit beiden Ellenbogen fest am Esstisch verankerte Russen. Britische Rolls-Royce Enthusiasten im Tweed-Anzug. Düsseldorfer M3-Fahrer. Name it.
Unsere Favoriten auf dieser Überfahrt sind die schon etwas angejahrten Jungs und Mädels eines britischen Motorradclubs. Die gewähren tiefe Einblicke ins Bauarbeiter-Dekolleté und haben auch noch den passenden Aufnäher dazu an der Jacke. Unschlagbar. Und schon jetzt das beste Foto des Kurzausflugs nach England. Aber seht selbst.
Bei so viel erotischen Einblicken brauche ich Abkühlung. Die gibt es „draußen“ auf Deck, wo sich bei Sauwetter nur wenige Mutige hintrauen. Ich halte meine Brille mit einer Hand fest, damit sie mir nicht vom Kopf geweht wird. Die wasserdichte GoPro halte ich mit der anderen.
09.09.2015, Abends
England. Die Zollkontrollen sind kurz und schmerzlos. Der Zöllner findet unser Pässe „lovely“ und ich frage mich, was ein deutscher Zöllner in so einer Situation so sagen würde. „Liebenswert“ wäre es ganz sicher nicht. Die Engländer haben eine Art, die ich sehr mag.
Dann die ersten Meter Linksverkehr: Die Frau beginnt das Linksfahrritual für deutsche Profi-Beifahrer in England. „Linksfahren, Linksfahren, Links in den Kreisverkehr …“ schallt es gebetsmühlenartig vom Beifahrer-Recaro. Die Frau ist die Beste.
Draußen ist es stockduster. Kein englischer Mond, keine englischen Sterne und auch sonst keinerlei englische Beleuchtung. Weder Straßenlampen, noch Katzenaugen, noch leuchtende Markierungen. Der ewig blendende Gegenverkehr bringt mich an den Rand des Wahnsinns. Von rechts schallt es zunehmend müde „Links halten“, „Blitzer“, „Kreisverkehr“, „Arschloch“. Die Frau hat einen Job und sie erledigt ihn. Das gilt auch für die Beleidigung anderer Verkehrsteilnehmer.
Wir quälen uns über mittelwichtige Straßen Richtung Linton, wo wir unser B&B gebucht haben. Nach mehr als einer Stunde Blindekuhspielen sehen wir das Ortsschild. Jetzt nur noch das B&B finden. Wie fast alle Bed & Breakfasts in kleineren Ortschaften hat es keine Adresse. Es gibt nur eine vage Beschreibung. Wir fahren also links neben einer toten Katze zwischen zwei Büschen rein und … das isses! Die letzte Tagesprüfung ist der Wach-Dobermann, von dem wir glücklicherweise nach kurzem Knurren als ungenießbar eingestuft werden. Wir fallen in ein sänftenweiches englisches Bett und sofort ins Koma. Willkommen in England.
Sehr netter Bericht, freue mich auf die naechsten Folgen. Gruss aus Afrika,
Tobias
Danke! Sind in Arbeit! Grüße nach Afrika!
ach wie schön, ich liebe diese artikel und deine schreibe 🙂 grüße aus der Toskana, auch von der Frau auch an die Frau !
Danke Marc 😉 – Grüße zurück und um Toskana beneiden wir Euch natürlich ganz heftig!