Vor 15 Jahren, am 1. Juni 2000, eröffnete Volkswagen eine Art Phantasialand für Automobilinteressierte direkt am Volkswagenwerk in Wolfsburg.
Auf einem 28 Hektar großen Freigelände mit auenland-ähnlichen Wiesen finden sich seitdem architektonisch spannende Gebäude, in denen man Autos angucken kann. So weit, so langweilig, habe ich gedacht. Doch ich irre mich manchmal…
Smile?
„Ein Auto aus Essen!“ Der Parkplatzwächter kriegt sich gar nicht mehr ein. Ob er denn auch aus dem Pott komme, fragen wir. „Nee, ich wohne in Hamburg“. Aber als Schalke-Fan habe man ja eine gewissen Beziehung zum Pott. Wir verquatschen noch auf dem Parkplatz 15 Minuten mit dem gutgelaunten Hamburger Schalkefan und seinem Kollegen und ziehen dann grinsend Richtung Eingang. Typen gibt es hier in Wolfsburg. Nette.
„Mach Foto!!!“, die Frau zeigt begeistert auf ein großes Stoppschild. „SMILE“ steht drauf. Nicht „STOPP“, wie sonst üblich. Die sind ja witzig hier. Die Frau kriegt ihr Foto.
Am Eingang kümmere ich mich um die Formalitäten am Schalter. „Sind Sie ADAC-Mitglied?“, lächelt die freundliche Dame mit ostdeutschem Migrationshintergrund mich an. Nee, ich bin AVD – und ich habe keine Dokumente, die das beweisen würden. „Das ist kein Problem“. Die Dame gibt mir einen AVD-Rabatt auf Verdacht sowie einen Stapel Papier: „Viel Spaß in der Autostadt.“
Na dann kann´s ja losgehen. Aber wo ist die Frau?
Currywurst
Die Frau tippt mir auf die Schulter: „Ich brauche Currywurst“. AchDuMeineGüte. Der Ehe-Profi weiß, dass man mit dieser Information höchst sensibel umgehen muss. Anders gesagt: Wenn nicht in in fünf Minuten eine brauchbare Currywurst auf einem Teller vor der Frau liegt, wird es eine Situation geben, gegen die der Ausbruch des Krakatau aussieht, wie ein spinatspuckendes Kleinkind.
In Sachen Wurst werden wir auf das Kundencenter verwiesen. Dort gibt es nicht nur „VW-Currywurst“, sondern auch noch „VW Bio-Currywurst“ und sogar „Tofu Wurst“ für Vegetarier (yuck).
Die Frau entscheidet sich für Tofu. Ich entscheide mich für richtiges Essen. Die Currywurst-Verantwortliche hinter dem Schalter weist darauf hin, dass Tofu ein paar Minuten dauert und macht das sehr charmant. „Alle nett hier“, meint die Frau. Der Tag ist gerettet.

Volkswagen Tofuwurst. Hat laut Frau gut geschmeckt und sah auch gut aus. Die Currywurst gab es auch in Bio-Qualität und die war richtig gut.
Porsche
„Wo willst Du zuerst hin?“ Die Frau blättert gesättigt in der Autostadt-Gebrauchsanweisung. Ich deute das Heben einer Augenbraue an und die Frau versteht. „Ok – Porsche ist da vorn am See.“
Der architektonisch an eine Art Muschel erinnernde Porsche Pavillon wird von einer freundlichen Blondine bewacht, die fragt, ob sie uns eine Einführung geben kann. Ja warum denn eigentlich nicht.
Die junge Dame erläutert, dass Professor Porsche sich ein Auto selbst gebaut hat, weil er keines gefunden hat, das ihm gefiel. Und sie erklärt uns, wie es damals in Gmünd begann und dass der erste Porsche gar nicht so viel PS hatte.

Warum Prof. Porsche sich sein erstes Auto (in Gmünd) zusammengeschraubt hat, steht draußen an der Wand. Und eine nette Dame erklärt es am Eingang gern noch einmal.
Mit einem Lächeln werden wir in den Porsche-Keller des Pavillons geschickt, aus dem Motorensounds nach oben dringen.
Hier werden wir aufgefordert, uns mal in ein 911 Cabrio, einen Panamera oder einen Cayenne aus aktueller Porsche-Produktion zu setzen. Echt jetzt? Kein Trick dabei? Nee – sitzen Sie mal Probe.

Alle Ikonen der Porsche-Geschichte auf dem Weg in den Porsche-Pavillon-Keller im Maßstab 1:8 (oder jedenfalls ziemlich groß)
Eine attraktive 26-jährige Brünette testet das Cabrio, wirft die Frisur zurück und schaut lasziv. Umstehende männliche Besucher heucheln Interesse an den Ledersitzen. Der Mann der Brünetten schwitzt und rechnet die Cabrio-Leasingrate bis 2032 durch. Vergeblich. Testosteron, Panik und ein Hauch von Chanel No. 5 liegen nebeneinander in der Luft und knuffen sich freundschaftlich. Die Frau gähnt. Ich muss jetzt mal wieder raus an die Realität.
Smile!
Am Ausgang des Porsche-Pavillons bläst uns Frischluft entgegen. „Einen schönen Tag!“ wünscht uns der dort postierte Autostädter. Er scheint ausschließlich zu diesem Zweck am Ausgang des Porsche Pavillons zu stehen. Wie diese Schulmädchen vor japanischen Kaufhäusern – oder verwechsle ich da was?
Das „Smile“-Schild auf dem Parkplatz ist jedenfalls kein bloßer Gag. Für Volkswagen ist die Autostadt das Aushängeschild der Marke und sämtliche Mitarbeiter sollen das spiegeln. Experiment gelungen.

Alle nett. Vielleicht liegt es am Farbkonzept. Oder daran, dass bei allem Design auch ein kleiner Baumarkt-Ventilator für Erfrischung sorgen darf? Das menschelt!
Wer immer hier die Kurse in freundlicher Kundenbetreuung durchführt, hat einen großartigen Job gemacht. Egal, wo man ist, wird man freundlich angelächelt und es wird ganz selbstverständlich Hilfe angeboten. Und zwar immer so, dass es nicht nervt und authentisch wirkt. Das ist die hohe Kunst zwischenmenschlicher Kommunikation, wie ich sie in Deutschland so gut wie überall vermisse. Was heißt „so gut wie überall“? Überall.
Wenn ich ein Bitte äußern dürfte: Dieses Niveau von Freundlichkeit und Service wünsche ich mir in Zukunft auch für die Porsche-, VW- und Audi-Zentren. Und natürlich auch bei BMW, Ferrari, Mercedes und anderen! Dann würde Autokaufen oder Angucken wieder Spaß machen. Danke!

Wenn mir vor dreißig Jahren einer gesagt hätte, dass so ein Golf 1 GTI mal in einem Park in einem Schaukasten stehen würde…
Am kommenden Sonntag geht es weiter…
In Teil 2 erfahrt Ihr am kommenden Sonntag ab 9.00 Uhr, wo der langweiligste Lamborghini der Welt an der Wand hängt, ob Wolfsburg auch was für Kinder ist und wer uns die Karten geschenkt hat.
Wenn man Euch kennt, und das hier liest, dann war man auch dabei!
Du hast wieder nur den Teil mit der Frau und der Wurst gelesen Marcel 😉
Hallo Ansgar,
den weißen Pirelli GTI hatte ich 1:1 in den 80zigern.
Danach bin ich viele schöne und schnelle Autos gefahren.
Der GTI hat mir definitiv am meisten Freude gemacht, obwohl – oder vielleicht
gerade deshalb – der Pirelli GTI ein simples Auto war.
Kein Klima, nix Fensterheber aber 112PS und die typischen GTI Applikationen
die tausende Golffahrer an ihre 70PS Kisten montierten und damit genauso viel
Spaß hatten.
Soviel Freude beim Fahren mit einem Lächeln im Gesicht hat mir erst mein alter Elfer wieder bereitet.
Neue Autos sind nett, aber irgendwie doch Wegwerfartikel auf Rädern.
Den GTI hätte ich heute noch sehr gerne, aber 100% original ohne Tuning oder
Modifikationen.
Grüße
Andreas
Und ich konnte mir erst mit 21 einen 40 PS Polo leisten. Mit einem Alpine und Heco Boxen. Immerhin. GTI wäre auch jetzt noch mein Traum.
Wie immer sehr schön und charmant geschrieben. Aber eine Bitte hätte ich noch: Ein Foto von der Brünetten auf den Ledersitzen. Ich schau auch nur auf die Sitze – Ehrenword!
Jo
Die Frau hat alle 53 Fotos dieser sympathischen Szene gelöscht. Keine Ahnung warum 😉