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Tag 6: Horizontal fallender Regen

Written by hansbahnhof

„Mein Sitz ist nass“. Die Frau hat Recht. Eine Nacht schottischer Regen haben den Targa in ein Feuchtgebiet verwandelt. Ausgerechnet auf der optisch dichteren Beifahrerseite hatte der Regen den Weg durch die Dichtung ins Wageninnere gefunden und den Sitz in einen Schwamm verwandelt. Na super.

Mit Lydies Hilfe, einem Küchenhandtuch und einem Müllsack ist die feuchte Sitzgelegenheit aber schnell wieder nutzbar und der Tag kann beginnen. Das denkt sich auch das schottische Wetter. Denn jetzt dreht Schottland den Regen auf Anschlag.

Das macht jetzt aber echt keinen Spaß mehr! Wenn der Regen in Schottland aufdreht, bleibt man besser zu Hause. Besonders wenn man einen alten Porsche fährt.

Das macht jetzt aber echt keinen Spaß mehr! Wenn der Regen in Schottland aufdreht, bleibt man besser zu Hause. Besonders wenn man einen alten Porsche fährt.

Bei geschätzte 8-9 Windstärken kann von „fallen“ allerdings keine Rede sein. Es regnet horizontal. Ich habe es auf Video aufgenommen, da mir das ohnehin keiner glaubt. Erstes Opfer: Die Frau (schon wieder). Denn ausgerechnet auf ihrer Seite dringt das horizontal fliegende Wasser an zwei Stellen in den S.

Die Frontscheibe kapituliert angesichts der Wassermassen. Im unteren Teil dringt Wasser durch die Dichtung. Noch mehr Wasser dringt oberhalb des Dreiecksfensters ein. Warum ausgerechnet auf der Beifahrerseite und nicht auf der Fahrerseite, die trotz neuer Dichtung immer noch einen 3 mm Spalt zwischen Dach und Dreiecksfenster aufweist, weiß kein Mensch. Die Frau dichtet also notdürftig mit Tempos ab, was eigentlich kaum hilft.

Kein Castle wegen Wetter

Drei Tempopackungen später fällt die erste Besichtigungstour zu Lochleven Castle wegen Wetter aus. Der Kapitän fährt angesichts zwei Meter hoher Wellen auf dem baggerseegroßen Loch heute nicht raus. Die Insel mit der malerischen Burgruine ist vom Land aus auch nicht zu sehen. Dass das Boot nicht fährt,  wissen wir zu dem Zeitpunkt nicht. Denn wir stehen dummerweise auch noch am falschen Ufer und warten vergeblich auf das Shuttle-Boat.

Nachdem kein Boot kommt, fahren wir weiter zur nächsten Touristenruine. Dort ist kein Parkplatz zu finden. Der Regen peitscht unverändert auf Schottland nieder. Mehr als 300 Meter laufen wollen wir bei dem Wetter auf keinen Fall. Schon aus Angst, uns zu verlieren oder zu ertrinken.

Fish and Chips auf der Hafenmole

Wir entscheiden uns daher für ein verfrühtes Mittagessen in einer der berühmtesten Fish and Chips Buden Schottlands. In Anstruther kann man nach Erwerb der kalorienschwangeren Spezialität an der Hafenmole sitzend den ausfahrenden Fischerbooten zuschauen.

Theoretisch.

Denn vor Ort angekommen fliegt die Gischt haushoch über die Mole. Dabei wirft sie Algen, Fische und ab und an auch kleinere Boote auf das malerische Pier. Falls hier mal Touristen Fish and Chips gegessen haben, treiben sie jetzt irgendwo vor Afrika. Wir sind froh, dass wir den vorletzten Platz im geschützten Inneren der „Anstruther Fish Bar“ zu bekommen.

Anstruther. Heimatdorf der berühmten "Anstruther Fish Bar". So sollte es hier eigentlich aussehen, damit man seine Fish & Chips an der Hafenmole essen kann.

Anstruther. Heimatdorf der berühmten „Anstruther Fish Bar“. So sollte es hier eigentlich aussehen, damit man seine Fish & Chips an der Hafenmole essen kann.

Die Scheibenwischer kapitulieren

Nachdem wir uns gestärkt haben – Fish and Chips können wider Erwarten sehr lecker sein – kann es weitergehen. Trockene Taschentücher liegen bereit.

Aber neues Unheil naht. Eine 12er Böe ergreift die Scheibenwischer. Der linke verhakt sich im rechten. Die so vereinten Wischer bäumen sich gequält auf. Kein Problem für den sturmerprobten Mechaniker in mir. Ich öffne die Kofferraumhaube um an den kleinen Hazet-Kasten zu kommen. Im nächsten Moment reißt eine Böe mich mit der Haube nach oben. Ich kann gerade noch unter Einsatz meines ganzen Gewichtes ein Unglück verhindern.

Bei geschlossener Haube repariere ich die ineinander verwundenen Scheibenwischer. Nach rekordverdächtigen drei Minuten Reparaturdauer bin ich bis auf die Knochen nass. Aber die Wischer wischen wieder.

Jetzt haben wir die Nase voll von Schietwetter à la Schottland. Das hätte uns ja mal einer sagen können. Mit „schlechtem Wetter“ oder „Regen“ hat das nichts mehr zu tun.

Here comes the sun

Plötzlich hört es auf zu regnen. Wir stehen auf einem Parkplatz am Meer. Die Brecher krachen mit Wucht gegen die Kaimauer. Das nutzen wir aus. Der Wagen ist ohnehin klatschnass.

Wir parken so dicht wie möglich an der Mole und ich kann in einer kurzen Wellenpause die Spiegelreflex halbwegs trocken aus dem Wagen ziehen. Das Motiv: 1972er Porsche 911 S an schottischer Kaimauer beregnet von drei Meter hohen Brechern, Algen und erschreckt guckenden Meerestieren. Weltklasse und demnächst auf Youtube.

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Noch nie hat es sich mehr gelohnt beim Filmen und Fotografieren so richtig nass zu werden. Die Szene mit dem 911 S 2.4 und den Brechern findet sich einige Jahre später immer noch im Teil der Maschine-Vorspann.

In Edinburgh zurück entfernen wir die Algen vom Targadach, verkaufen die Fische, die sich in den Radkästen verfangen haben, an lokale Restaurants und lassen den Wagen vor dem Albyn Townhouse trocknen.

Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern, ein leichte Brise weht durch Edinburghs Straßen. War was?

Porsche 911 S 2.4 Targa nach dem großen Regen. Im Hintergrund sieht man den "Firth of Forth" - dahinter liegt Edinburgh.

Porsche 911 S 2.4 Targa nach dem großen Regen. Im Hintergrund sieht man den „Firth of Forth“ – dahinter liegt Edinburgh.

About the author

hansbahnhof

Unheilbarer Petrolhead seit 1966. Hat begonnen mit Vespa-Motorrollern und dann irgendwann mit Porsche weitergemacht.

1 Comment

  • Hahahahaaaa, selten so gelacht 🙂 Ganz großes Kino, auch wenn ich nicht weiß, wo Sie die Zeit für den Blog so hernehmen 😉 Viel Spaß noch und ab jetzt nur noch Sonnenschein…

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