Detlef und Matthias haben bei Facebook (nicht auf der TDM FB-Seite) meinen aktuellen Restaurationsfrust in Teil 7 des #Auseinanderbautagebuchs zum Porsche 911 S 2.4 Targa wie folgt kommentiert.
Detlef …
Hör auf zu heulen. Nach sechs Tagen Motivation gegen null, ich glaube es nicht.Wenn es Dir keinen Spaß macht, dann lass es doch einfach.
Matthias …
Genau Muschi lass es einfach und lies das Kapital
Jetzt bin ich grundsätzlich bei negativen Kommentaren getroffen. Das ist eine Schwäche von mir, die ich zutiefst verachte. Sie entspringt einer Mischung aus Verletzung der journalistischen Eitelkeit, Dickkopf und genetisch bedingter Rechthaberei.
Doch in diesem Falle habe ich wahrhaftig kurz innegehalten und gedacht: „Recht hat der Kerl“. Ich sollte als alter Benzinkopf nicht frustriert über eine in Teilen schwierige Auseinanderbauaktion von zehn Tagen sein, sondern voller Elan und mit dem großen Ziel „Renovierter Porsche 911 S 2.4 Targa“ vor Augen unbeirrt und fröhlich singend voranschreiten. Die 17er Nuss in der einen Hand und mein WD40 in der anderen. Der Weg ist das Ziel. Per aspera ad astra. WTF.
Dieser Typus des optimisch durchackernden Selfmaderestauteurs wird uns fast täglich in den Restaurationsberichten der einschlägigen Oldtimerzeitschriften vorgestellt. Ich habe sie ALLE seit den Achtzigern gelesen. Die Geschichte klingt immer so oder so ähnlich: Der Protagonist entdeckt auf einem Schrottplatz in Südfrankreich einen seltenen Delahaye Saoutchik Roadster, kauft ihn für 100 alte Francs und eine Schachtel Gauloises vom Sohn des Erstbesitzers, restauriert ihn in Eigenregie mithilfe eines Schraubenziehers und einer halbruntergebrannten Wachskerze in zwei Jahren in seiner Waschküche. Danach gewinnnt der Wagen den Concours d´Elégance von Pebble Beach.
Alternativ gibt es zwischendurch Schwierigkeiten mit der Restauration. Dann kontaktiert der Restaurierer eine ihm aus undurchsichtigen Quellen zugespielte Telefonnummer in den USA, wo Jean-Pierre Delahaye, Großneffe des Firmengründers in Kalifornien, das nur zweimal gebaute Originalradio für den Delahaye noch dreimal NOS* im Regal liegen hat und ihm eines kostenlos zuschickt. Der Wagen gewinnt darauf hin den Concrous d´Elégance von Pebble Beach.
Restaurierungsmuschis sind überall
Seltener zu Wort kommen Leute wie ich und Du, bei denen es eben nicht wie geschmiert durchläuft. Leute, die schon mal schreiend vor Frust in der Werkstatt stehen. Oder aufgeben.
Keiner berichtet über die, die Jahrzehnte brauchen, bis ihr Auto fertig ist. Oder über die, die ihr Auto als Restaurationsabbruch veschämt in den Kleinanzeigenteil des Lokalblattes setzen müssen, weil sie es nicht hinkriegen.
Dabei sind sie überall: Oldtimerfans, die jahrelang ein Ersatzteil für einen Opel suchen und es weder finden noch nachbauen können. Leute, die trotz allen Elans irgendwann feststellen, dass sie zu alt geworden sind, um ihr Projekt noch selbst fertigzukriegen. Oldtimer-Markt Feature? Autobild Klassik-Bericht? Fehlanzeige. Warum eigentlich?
Sie – und das dürften Tausende allein in Deutschland sein – werden unter die Redaktionsteppiche der Oldtimerzeitschriften gekehrt, weil sie keine Success-Story sind und man in Deutschland nur still scheitern darf.
Ehe Ihr einen falschen Eindruck von meiner Auseinanderbauaktion bekommt: Alles im grünen Bereich. Trotzdem möchte ich mir und Euch, liebe frustschiebenden Restaurationsabbruchkandidaten, aus gegebenem Anlass zurufen: 1. IHR SEID NICHT ALLEIN mit Euerm Frust!“ 2. „ZIEHT DURCH, egal was die anderen sagen“. Und 3. „Wenn Sie Euch Muschi rufen, MACHT EUCH EIN T-Shirt mit der Aufschrift „Restaurierungsmuschi“ und grinst sie weg.“
Denn wo immer Euch die Detlefs und Matthiasse dieser Welt erzählen, dass ihre erste Oldtimerrestauration ein fröhlicher durchhoppelter Start-Ziel Sieg gewesen sei, ist das Unsinn. Oder sie haben einen anderen Typen dafür bezahlt, die Karre für ihn zu machen. Oder sie haben gar kein Auto.
In diesem Sinne, Grüße aus der #TDM Porschewerkstatt, wo man Motivation und Restaurierungsoptimismus nicht flaschenweise im Regel stehen hat.
P.S. An dieser Stelle muss ich mich noch einmal für die ganz ganz vielen motivierenden Kommentare auf der TDM-Facebook Seite und an anderer Stelle bedanken. Ihr seid super und das motiviert mich natürlich zusätzlich!
*NOS = „New Old Stock“ – alte Teile in originaler Verpackung aus der Zeit, in der das Auto / das Teil gebaut wurde.
Hallo hansbahnhof,
tja, so ist das mit der Restaurierei. Ich finde es ja prima und höchstlöblich, dass Sie uns an Ihrem Leiden teilhaben lassen.
Jeder, der so was mal selbst gemacht hat, hat die gleichen Erfahrungen gemacht. Schrauben die nicht aufgehen, busted nuckles, vor Allem wenn es sch..kalt ist der Garage, quick and dirty Lösungen der Vorbesitzer die einem begegnen (sehr verbreitet bei Elektrikpfuscherei) und so weiter und so fort.
Mein zweiter Facel, ein HK500, hat zwölf Jahre gebraucht (gut, ich mag nicht der schnellste sein und zwei Kinder sind auch noch auf die Welt gekommen), aber es geht eben nicht immer mit vollem Elan und irgendwann muss man die ganze Sache auch mal ein viertel Jahr ruhen lassen. Jedenfalls bevor man aus lauter Frust mit dem Hammer hässliche Dellen ins Auto schlägt.
Mein letztes Projekt (ein Facellia Coupé) war mit sieben Jahren auch nicht richtig schnell, aber gut Ding will Weile haben.
Also, nicht hetzen lassen, das wird schon (wenn auch der Zusammenbau deutlich länger braucht als das Zerlegen).
Die ganzen Mühen sind vergessen, wenn man am Ende der Baustelle das erste Mal den Schüssel umdreht und das gute Stück losbrummt.
Viel Erfolg und weiterhin so witzige Blogs
Grüße aus dem wilden Süden
Udo
Hallo Udo, lieben Dank für Deinen Kommentar und Respekt vor jemandem, der sich an Facels herantraut, die wahrscheinlich deutlich komplexer aufgebaut sind, als ein F-Modell Porsche! Grüße aus dem Pott!
[…] der MaschineWir Restaurierungsmuschis! Lasst mir meinen Frust beim OldtimerrestaurierenDetlef und Matthias haben bei Facebook (nicht auf der TDM FB-Seite) meinen aktuellen […]
Lieber hansbahnhof,
Ich habe vor langer Zeit beruflich Porsche restauriert. Dann kam der Drang nach Fortbildung und einem Beruf zum Geld verdienen, eine Frau, ein Umzug, berufliche Herausforderungen und Veränderungen, Zeiten ohne Geld für Teile, Zeiten ohne Zeit, Dies und gelegentlich auch Das. Der Targa, den ich mir seinerzeit (aus heutiger Sicht zu einem Spottpreis) vom Munde abgespart habe um auch mal selber in den Genuss zu kommen einen 11er zu fahren, wird möglicherweise (aber nagel mich bitte nicht darauf fest) dieses Jahr wieder fahren. Mit der Restaurtion begonnen habe ich Anfang der Neunziger Jahr. Ich habe vor langer Zeit aufgehört Prognosen abzugeben wann ich fertig werde und antworte deshalb immer nur mit „wenn ich fertig bin“ falls jemand fragt wann ich fertig bin und eine erstaunlichen Langmut gegenüber spöttischen Kommentaren entwickelt. Das Rätsel gelöst hat die beste Frau von allen. Eigentlich geht es (bei mir) nicht darum fertig zu werden sondern darum, etwas so zu tun wie ich es tun will, wann ich es tun will und zu entscheiden ob ich es tun will. Das nennt man Selbstbestimmung. Meine Frau nennt es auch Männeryoga. Rock on!
Ach ja, die T–Shirt Idee finde ich super!
Lieber Michael, das hört sich nach einer sehr gesunden Einstellung zum Thema Porsche-Restaurieren an. Vielen Dank für die aufmunternden Worte und sobald es das T-Shirt gibt, gebe ich Bescheid!
Wenn gar nix mehr geht, aufhören und zwei, drei Tage Pause machen.
Danach ging’s bei mir immer weiter und das Problem war meist nicht mal halb so groß.
Glaub mir, die Freude wieder eine Klippe erfolgreich umschifft zu haben überwiegt alles.
Jedenfalls bei mir
WIRKLICH schade das es keine Berichte über die ganzen „Gescheiterten“ gibt.Das soll auf keinen Falls negativ klingen !! Vielleicht liegt es auch daran das die meisten es sich selbst nicht eingestehen können “ ihr Projekt“ nicht fertigstellen zu können.Sei es aus finanziellen Gründen,fehlendem Geschick oder sonstigem.Das kostet denke Ich schon sehr viel Überwindung.
Mein Projekt,einen VW Käfer,den mein Vater und Ich in gut 3 Jahren vom häßlichen Entlein zum Schwan entstehen lassen haben hat mich auch sehr viel Zeit und vor alldingen Nerven gekostet.
Da ich von Hause aus eher ungeduldig bin musste mein Dad mich oft einbremsen wenn ich gerne mal wieder den Haufen angezündet hätte weil mal wieder irgendwas nicht so lief wie ich es mir vorgestellt habe.Ich kann nur wirklich jedem raten einfach dran zu bleiben und das Ding bis zum Ende durchzuziehen ! Es lohnt sich ! Vor allem bei so nem leckeren 911 !
Beste Grüße aus Hessen
sendet Ben
Hallo Ben, lieben Dank – ist gut zu sehen, dass ich (wir) nicht allein sind mit dem Frust, der manchmal raus muss. Gut, wenn man einen zweiten Mann im Restaurationsteam hat, der klarer denkt und wenn man sich gegenseitig motivieren kann! Beste Grüße aus dem Ruhrpott und viel Spaß mit dem Käfer!